Frels weiß wie man Youngstern Beine macht
Quelle:
von Rainer Maaß
Mit neun ehemaligen Wieseckern greift SV Bauerbach unter neuem Coach nach dem Gruppenligatitel
„Das ist ideal, denn diese Jungs sind hochtalentiert und Frels kennt sie bestens“, sagen die einen aus den Kreisen der Fußballfachleute. „Frels kann gar nicht mit ausgefuchsten Spielern reiferen Alters arbeiten“, kritisieren die anderen, gemünzt darauf, dass der Trainer außer seiner kurzen Zeit beim FC Cleeberg noch nie im Seniorenbereich tätig war. Den 44-jährigen leitenden Angestellten der Stadt Hungen lassen diese Diskussionen völlig kalt. Auch der mögliche Aufstieg, der den Bauerbachern nach Meinung vieler Experten nicht mehr zu nehmen ist, bringt Frels nicht aus der Ruhe.
„Ich halte mich an die Fakten. Die besagen, dass wir mit Ausnahme des 28-jährigen Alban Ademi nur Jungs im Kader haben, die jünger als 24 Jahre sind. Oft haben wir einen Altersschnitt in der Startelf, der unter 22 Jahren liegt. Und wir wissen, dass unser Vorsprung zum Tabellenmittelfeld in einer Gruppenliga mit hoher Leistungsdichte sehr gering ist. Wir sind noch lange nicht durch“, bemüht Frels ein paar dieser Fakten.
Auch Neuzugänge Janis Holz und Maximilian Wiessner sind junge Leute mit großem Entwicklungspotenzial
Fest steht auch, dass es im Landkreis Marburg-Biedenkopf noch keinen Verein gab, der sich mit einer derartigen Kaderzusammenstellung und fast gänzlich ohne Routiniers am Projekt „Verbandsligaaufstieg“ versuchte. Der VfB Marburg beispielsweise, Gruppenligameister des Vorjahres, trat ebenfalls mit vielen jungen Leuten an, ließ diese aber auf dem Feld durch ein halbes Dutzend höherklassig erfahrener Leistungsträger führen. Bauerbach geht einen anderen Weg. Stefan Frels spricht es nicht offen aus, doch jeder spürt: Er will samt der Vereinsführung den Beweis dafür antreten, dass es möglich ist, mit einigen der besten Talente Mittelhessens nicht nur in die Verbandsliga aufzusteigen, sondern sich dort auch zu etablieren. Davor steht der erste Schritt, nämlich der Aufstieg. Mit Alban Ademi, Mirko Freese und Robin Traut bringt es ein Trio des SVB bereits zur Winterpause auf sage und schreibe 44 Tore. In seinen neun Auswärtsspielen blieb Bauerbach ungeschlagen und erzielte im Schnitt rund vier Treffer. Und vor Monatsfrist verpflichtete der SVB mit Janis Holz (SC Waldgirmes) sowie Maximilian Wiessner (SF/BG Marburg) junge Leute mit großem Entwicklungspotenzial. Nicht auszudenken, welche Perspektiven sich den Bauerbachern bieten würden, wenn derzeit nicht Alban Ademi (Adduktorenprobleme), René Blümke (Schambeinentzündung) und Steven Bund (Kreuzbandriss) ausfallen würden.
„Natürlich werden unsere Jungs von den Aussichten beflügelt. Das bleibt bei ihnen aber in einem normalen Rahmen, weil jeden eine hohe Eigenmotivation auszeichnet und weil keiner abhebt“, registriert Stefan Frels. Dass seine jungen Leute hauptsächlich fußballerische Lösungen suchen, dass sie in erster Linie ein wahrer Spieltrieb auszeichnet und dass demzufolge das Zweikampfverhalten ausbaufähig ist, lässt der SVB-Trainer nicht gelten. „Wir haben auch gegen Teams, die ein bisschen ruppig aufgetreten sind, prima gegengehalten. Das ist nicht das Problem. Wir müssen vielmehr lernen, das Kombinieren nicht zu übertreiben, sondern auch mal abzuschließen. Anderenfalls rennen wir in einen gegnerischen Konter, der weh tun kann“, ahnt Frels.
Den Spieltrieb ins richtige Maß zu bringen, verlorene Bälle sofort wieder zu erobern und mehr Leute auszubilden, die gut gegen den Ball arbeiten können, waren die Schwerpunkte in der Vorbereitung auf die restlichen Spiele der Saison. Und den Respekt vor den kommenden schweren Aufgaben, die am 25. Februar mit dem Heimspiel gegen Teutonia Watzenborn-Steinberg II beginnen, zu bewahren, gilt sowieso.
Würde aber Bauerbach im Falle eines Aufstiegs ganz im Sinne des Projekts tatsächlich mit einer blutjungen Truppe in das Verbandsligaabenteuer gehen? „Wenn wir es schaffen sollten, dann würden wir 90 Prozent des Kaders zu halten versuchen.
Coach Stefan Frels: „Das Alter oder die Erfahrung eines Spielers sind für mich kein Qualitätsmerkmal“
Alter oder Erfahrung eines Spielers sind für mich kein Qualitätsmerkmal. Im Zweifel würde ich immer den jüngeren spielen lassen“, gibt Frels ehrlich zu. Und wäre dem Projekt dann Ende Mai tatsächlich mit dem Aufstieg Erfolg beschieden, dann wird man in Bauerbach zunächst den Moment genießen. Teil eins des Beweises wäre somit geschafft. Um anschließend die Grundlagen zum zweiten Teil zu legen. Denn mit dem derartig radikal umgesetzten Projekt „Jugend forscht“ hat in der Verbandsliga noch niemand zuvor die Klasse gehalten.